Revision der Lutherbibel anlässlich 500 Jahre Reformation - Verfasst von Helmut Nausner

Der Beschluß, die Lutherbibel vor dem Reformationsjubiläum einer gründlichen Revision zu unterziehen, wurde vom Rat der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) im Jahre 2010 getroffen. Die letzten Revisionen haben 1964 und 1984 stattgefunden. Im Vorwort der revidierten Ausgabe 2017 schreibt der Vorsitzende der EKD, Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm: »Die gesamte Übersetzung wurde anhand der hebräischen und griechischen Ausgangstexte überprüft und korrigiert, wo dies aus heutiger wissenschaftlicher Sicht zwingend erforderlich war. Bei früheren Revisionen wurden teilweise auch unnötige Veränderungen vorgenommen. Hier konnte die Revision zum vertrauten Luthertext zurückkehren, sodass die Lutherbibel 2017 wieder ›mehr Luther‹ enthält. Ganz behutsam wurden jene Stellen verändert, die heute unverständlich oder missverständlich sind.« Bei dieser Revision war das starke Bemühen da, die kraftvolle und markante Luthersprache zu erhalten. Prof. Martin Karrer, Neutestamentler in Wuppertal/Bethel, spricht dazu folgende Überlegungen aus: »Die Revision 2016/17 erhält dadurch einen außeralltäglichen Klang. Theologisch provoziert das, weil der Protestantismus sich im Alltag der Welt verwirklichen will. Religionssoziologisch spiegelt der Verkaufserfolg, dass viele Gemeindeglieder die Außeralltäglichkeit des Religiösen schätzen. Zugleich erinnert es daran, dass Luthers Sprache nicht nur theologisch, sondern auch kulturell Enormes leistete. Dank des kulturellen Gedächtnisses bedeutet die Rückkehr zu Luthers Sprache keine konfessionelle Verengung, sondern gesellschaftliche Bereicherung.«
Bei der Revision wurde gendergerechte Sprache eingeführt. Luther und die Antike hat mit Brüder auch die Schwestern mitgemeint. Das ist heute nicht mehr möglich. Überall, wo der Zusammenhang eindeutig ist, wird jetzt von »Brüder und Schwestern« gesprochen. In Röm. 16,7 wird im alten Text Junius von Paulus gegrüßt. Nachforschungen haben ergeben (und darüber besteht Einigkeit unter den Fachleuten), dass es sich hier um eine Frau handelt, die Junia. Im revidierten Text steht jetzt Junia. Diese Stelle im Römerbrief ist ein wichtiger Beleg für die Teilnahme von Frauen in kirchlichen Dienste, etwa der Diakoninnen, schon in der Frühzeit der Kirche.
Die Lutherbibel ist zurückhaltend mit dem Gebrauch des Begriffes Kirche. Die Beauftragung des Petrus durch Jesus nach seinem Messiasbekenntnis in Matthäus 16,18 lautet in der Lutherbibel »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen…«. Die Einheitsübersetzung formuliert: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen…«und sie verwendet den Begriff Kirche auch in den Paulusbriefen, wo die Lutherbibel Gemeinde schreibt (z.B. 1. Thess. 1,1; 1. Kor.1,2; 2.Kor. 1,2…).
In den Übersetzungen kommen die verschiedenen kirchlichen Traditionen zu Wort. Es lohnt sich, beim Lesen der Bibel andere Übersetzungen zu Rate zu ziehen (neben der Lutherbibel die Einheitsübersetzung und die Zürcher Bibel) und über die Unterschiede ins Gespräch zu kommen. Gemeinsames Bibellesen kann dann spannend und aufregend werden.

Helmut Nausner