Meine biblischen Lieblingsgeschichten X - Beitrag von Doris M. Bömken, Lic.Theol.

Meine biblischen Lieblingsgeschichten X

Mirjam tanzt - Ex 15,20-21

Diese Verse im Buch Exodus haben mich schon immer fasziniert. Da entkommt das Volk Israel der ägyptischen Streitmacht in sprichwörtlich letzter Sekunde und mit Jahwes Hilfe. Da feiert Mose die Rettung mit einem langen immerhin 19 Verse umfassenden Lied (Ex 15,1-19), und dann stehen da diese beiden Verse 15,20-21:

„20 Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her. 21 Mirjam sang ihnen vor:
Singt dem HERRN ein Lied, / denn er ist hoch und erhaben! / Ross und Reiter warf er ins Meer.“


Mirjam nimmt die Pauke in die Hand und führt die Frauen an. Sie singen ihr eigenes Siegeslied und tanzen dabei vor Freude und Erleichterung, dass sie am rettenden Ufer sind. Mirjam, die Schwester Moses und Aarons wird hier als Prophetin bezeichnet. Sie war also nicht irgendwer. Sie muss sich durch vorangegangene Taten diese Anerkennung erworben haben und sie war fähig, die Frauen zu begeistern und eine Leitungsrolle einzunehmen.

Man sollte meinen, dass ein anderes Instrument als gerade eine Pauke doch besser geeignet gewesen wäre, zum Tanzen zu animieren. Eine Pauke macht Krach, das bleibt nicht im Verborgenen, das wird von allen gehört. Die Freude schwappt über, steckt an.

Ich habe mich oft gefragt, warum die biblischen Autoren nach dem Siegeszug der Israeliten durchs Rote Meer, nach dem langen Siegeslied des Mose, das immerhin 19 Verse umfasst (Ex 15,1-19), noch die Freude seiner Schwester und der Frauen schildert. Warum war das wichtig in einer Zeit, als Frauen doch gar nicht wichtig waren.

Das sind immer wieder die überraschenden Momente, wenn man die Bibel liest. Frauen waren wohl doch wichtig, wie die Hebammen, die gegen das Gebot des Pharaos handeln, alle männlichen Kinder zu töten; wie die Mutter des Mose ihn versteckt und dann rettet, ohne den die Flucht aus Ägypten nicht gelungen wäre; und wie die vielen anderen Frauen, von denen die Bibel erzählt. Die Bibel ist eben keine Männergeschichte.

Beitrag von Doris M. Bömken, Lic.Theol.